Kleine Geschichte aus meinem Leben

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    • Kleine Geschichte aus meinem Leben

      Aus Tradition und Leidenschaft...


      so steht auf meiner Kaffeetasse, aus welcher ich jeden Morgen meinen Kaffee schlürfe. Auf der anderen Seite der Tasse steht Boxer mit einer graphischen Darstellung des legendären Motorkonzeptes.
      Und wenn ich dann im allgemeinen Frühstücksstress, zwischen herumgereichten Nutellabroten, hektisch gesuchten Schulheften, Absprachen über den weiteren Tagesablauf, die jeder sagt aber keiner hört, wenn ich dann aus meiner Tasse schlürfe, kann es sein, dass sich ein kleines Schmunzeln auf mein Gesicht legt. Nicht wegen des familiären Treibens, meine Kinder kennen das. „Papa ist wieder in Norwegen“, weis meine Tochter dann Bescheid , „oder wieder in den Alpen“, fügt mein Sohn an. Und sie haben recht.
      Angefangen hat alles 1988.
      Nachdem ich verschiedene Motorräder im Einsatz hatte (XT550, Kawa Z650B, GSX 1100) war mir klar, dass es wieder eine Enduro sein muß. Ein 2 Zylinder sollte es sein, um längere Autobahnabschnitte bewältigen zu können. Reiseenduro war das Stichwort. Viel Auswahl gab es nicht. Afrika Twin oder R 80 GS. Die Affentwin gewann jeden Vergleichstest, doch ein Bild mit demontierter Verkleidung schreckte mich ab, (meine Mopped‘s waren noch nie in der Werkstatt) und mir graute davor, an dem Ding zu schrauben. Eine R 80 GS musste her. Ein „ altes Modell“ für wenig Geld war nicht zu haben, und so sagte meine damalige Freundin, hol dir doch ne neue. Vielleicht habe ich sie deshalb später geheiratet, auf jeden Fall gingen wir zur Bank, holten uns einen Kredit und kauften eine 6 Monate alte R 80 GS mit Paralever für 9900 DM. Ich war 23 Jahre alt und der Kauf eine absolute Vernunftsentscheidung. Bei der Probefahrt war schon klar, mit Vernunft hat das nichts zu tun, dass war Liebe auf den ersten Blick. Wir haben viel erlebt, die Kuh, meine Frau und ich. Ich fuhr 15 Jahre jeden Winter durch, wir haben ganz Europa durchreist, waren in Skandinavien und im Süden, die Kuh ließ mich nie im Stich.
      Dann kam das Jahr 2003
      Nach mehreren Jahren Schotterabstinenz wollten wir mal wieder losen Untergrund unter die Stollen bekommen. Der Entschluß war schnell gefasst, Grenzkammstraßen, Tente, Bardoneccia, Assietta, Begriffe die jeder kennt, die Tour war geplant. Aus früheren Erfahrungen war vom Bergungsseil bis zur BW Notration alles dabei, der TKC 80 ist sowieso Serienbereifung. Anfang Mai ging es in Richtung Süden . Mit meinem alten Weggefährten Stefan und seiner XT 660.
      Nachdem die öde Anfahrt durch strömenden Regen abgeschlossen war, gingen wir auf Hotelsuche. Die Skisaison war vorbei, die Sommersaison für die Wanderer hatte noch nicht begonnen, alle Hotels waren zu. Wir waren heilfroh, als wir nach Einbruch der Dunkelheit eine Unterkunft fanden. Die Unterkunft war eine Absteige, wir waren die einzigsten Gäste.
      Beim Abendessen planten wir den nächsten Tag. Ursprünglich wollten wir die Assietta fahren, die Umgebung etwas erkunden, nochmals übernachten und dann weiter in Richtung Süden-Tendepass. Ich hatte die Asietta schon befahren, normalerweise wirklich unproblematisch, und so beschlossen wir, mit unserem Gepäck die Assietta unter die Räder zu nehmen und gleich weiter in Richtung Süden zu fahren. Zwei weitere Hotelgäste trafen ein, Wolfgang und Paul, auf R1100 GS und 1150 GS. Wir waren natürlich sofort im Gespräch, auch sie wollten die Assietta abfahren, hatten aber kein entsprechendes Kartenmaterial dabei. Wir tauschten uns aus, ich holte die Karten aus dem Zimmer, erklärte Ihnen den „Einstieg“ zur Assietta und nachdem wir die eine oder andere Falsche Wein geleert hatten, verabschiedeten wir uns und wünschten uns gegenseitig einen schönen Urlaub.
      Am anderen Tag waren wir um 8°° schon auf den Moppeds (Wolfgang und Paul schliefen noch), eine Stunde später auf der Assietta. Die Enduros waren vollbeladen, meine GS mit Koffer, aber wie schon erwähnt, normalerweise kein Problem.
      Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte.
      Die Nordseite der Hänge waren noch zugeschneit, während sich die Südhänge als Schlammpiste präsentierten. Das erhöhte natürlich den fahrerischen Anspruch, die Sache begann richtig Spaß zu machen. Der TKC baggerte sich durch, bis Stefan am Hang von einem Schneebrett rutschte und mitsamt XT hangabwärts fiel. Nicht weit, der Lenker bohrte sich direkt in den Schnee, aber wir waren gewarnt.
      Es ging weiter und auf der Höhe von Oulx versperrte eine Gerölllawine den Weg, Es war nur eine kleine Spur am äußersten Rand (hangabwärts) befahrbar, der Weg war durch einen Felsbrocken blockiert. Ich fuhr im Schritttempo an dem Fels vorbei, der rechte Zylinder nur Millimeter vom Fels entfernt, der linke Zylinder über dem Abgrund. Im Stand balancierte ich durch das Nadelöhr, und nachdem ich mit dem Zylinder vorbei war, mache ich einen folgenschweren Fehler: ich vergaß meinen rechten Koffer.
      Dieser touchierte den Fels und ich kippte nach links. Dort gab es keine Möglichkeit, mich abzustützen (der Abgrund) ich kämpfte, ruderte, schrie, fluchte und fiel dann ganz langsam um. Stefan war direkt hinter mit, ließ seine XT fallen und wollte mich noch halten – zu spät. Nach 2 m freiem Fall kamen wir ins rollen, ich vorne weg, meine GS gleich hinter mir. Nach 20 m konnte ich meine Talfahrt stoppen, meine BMW rollte über die Längsachse an mir vorbei wie die Jungs aus der Augsburger Puppenkiste. Auf dem Weg ins Tal trennte sie sich von allem Ballast. Gepäck und Koffer zuerst, dann Tank, Sitzbank, Lampenmaske, gefolgt von Blinkern, Zündspulen und weiteren Ersatzteilen
      Nach 50 m kam sie auf beiden Rädern auf, (ja, die waren noch dran) federte gaaanz tief ein und setzte zum letzten Sprung an, nach weiteren 20 m schlug sie auf und blieb liegen, - Totenstille und offene Münder bei Stefan und mir.
      „Scheiße“, unser gesamter Wortschatz schien sich einige Minuten auf diese eine Wort begrenzt zu haben.
      Nachdem der erste Schock verdaut war, überlegten wir, wie es weitergehen sollte. Wir hatten die meisten Teile, die von meiner geliebten BMW über den Hang gestreut wurden, eingesammelt, an ein Bergungsfahrzeug war nicht zu denken, die Assietta war zu diesem Zeitpunkt nur einspurig zu befahren. Und dann hörten wir eine vertrautes Motorengeräusch, Paul und Wolfgang (vom Vorabend) kamen mit hochrotem Kopf um Eck, sichtlich gebeutelt und erschöpft, denn mit Gepäck und Enduro 4 bzw. Tourance war diese Piste wirklich kein Zuckerschlecken. Gemeinsam zerrten und zogen wir meine Alte den Hang entlang und nach schweißtreibender Arbeit waren wir wieder auf dem Weg. 2 Dosen Reifenpilot in das verbeulte Vorderrad, eine Seite meiner schönen BK Moto Edelstahlanlage wieder nach unten gebogen (stand senkrecht zum Himmel) und die Lenkerbreite wieder auf 200 mm erhöht, so wollte Stefan mich bis ins Tal abschleppen. Nach wenigen Metern versanken wir im Schlamm, die Kupplung der XT wedelte mit der weißen Fahne, wir gaben den Versuch auf. Mit dummen Gesicht saßen wir da, Wolfgang und Paul wollten weiterfahren und irgendwie Hilfe organisieren- sie kamen nicht weit, wir hörten die Hilfeschreie, als auch sie im Schlamm versanken, die Situation begann, brenzlig zu werden.
      „ Der Motor ist noch dicht“ bemerkte Stefan plötzlich, und der Gedanke, das dieses etwas, was nur durch einen Profi noch als ehemaliges Motorrad zu erkennen war, eventuell noch zu fahren war, begann zu sprießen. Wir richteten, was zu richten war, (Felsbrocken in allen Größen gab es ja genug), schloßen kurz, (das Zündschloß wurde nie mehr gefunden) improvisierten wie die Weltmeister und das Ding lief.
      Auf wackeligen Beinen, der Lenker wie bei meinem ersten Mopped (Peugeot 103), nur mit der Hinterradbremse, ohne jede Beleuchtung, Blinker u.ä. und mit einem Tankvolumen von max.2 Litern (dann lief der Sprit aus allen Löchern), direkt auf dem Rahmen sitzend, ging es in Richtung Tal.
      Nach 15 Jahren, weit über 100000 km und selbst mit diesen Blessuren hat sie mich nicht im Stich gelassen. „Ich box dich da raus“, brummelte die Kuh, und mir kamen fast die Tränen.
      So steht sie auch heute noch in der Garage, neben meiner 1200 GS. Die kann alles besser, ist schöner, schneller. Trotzdem steht die Alte voller Selbstbewußtsein da, denn sie weiß, daß die „Neue“ sich ganz schön anstrengen muß, um den Platz in meinem Herze einzunehmen. Wenn ich mal wieder Zeit und Geld habe, werde ich sie wieder herrichten. Das Wrack zu verkaufen, ist mir nie in den Sinn gekommen. „Freunde verkauft man nicht“, sagte meine Frau, und für dieses Denken liebe ich sie.

      Liebe Grüße aus dem Saarland
      Harri
      Liebe Grüsse aus dem Saarland

      Harri

      BMW GS - Aus Tradition und Leidenschaft
    • °urlaub° und du kannst etwas erleben :)
      Solche Stories (gute Schreibe!!!) helfen einem über das trostlose Wetter
      (wenn ich aus dem Fenster schaue, schneit's gerade wieder leicht) ,|,|,

      Habe auch so meine eigene Erfahrung mit der Assietta-Kammstraße:
      Unterwegs mit einer BMW K1100RS und immer auf der Suche nach schönen, kleinen
      (aber logischerweise asphaltierten) Sträßchen geriet ich, von Susa kommend,
      auch bis zum ersten Plateau (Ende das Asphalts)
      Naja, der "Belag" war danach etwas locker, aber auch mit einer RS noch relativ gut zu befahren.
      Muß allerdings hierzu anmerken, dass ich damals (1995?) nichts von dieser Paßstraße wußte
      (und schon garnicht, dass ich mich auf derselben befand).
      Also weiter - immer weiter über die Schotterpiste.
      Mittlerweile ging's (das Tempo wurde deutlich langsamer) in Schotterkehren bergauf.
      Aber jetzt umkehren - nöö, kommt nicht in die Tüte.
      Es wurde langsam dunkel, keine Ortschaft weit und breit in Sicht.
      Gegen 22:00 Uhr (mittlerweile stockeduster) endlich ein Licht - leider war's nur die Bergstation des Skilifts.
      Aber dort unten im Tal - Lichter - eine Ortschaft. Sestiere!
      Kurz nach Mitternacht doch noch ein Zimmer gefunden - aber fix und alle.
      Seit dem kenne ich die Assietta-Kammstraße nur all zu gut.
      Gruss Roger

      Grip ist wie Luft...beides vermißt man erst wenn's fehlt...
    • Hi Harry,

      toller Bericht.°U°
      Mein Zwillingsbruder in Stuttgart hat ne R80GS (Schwarz/gelb) , allerdings in tadellosem Zustand (dafür hat sie auch weniger erlebt... ;-)) Man kann nicht alles haben im Leben...

      Schöne Grüßen an alle.

      Horst
    • Hallo
      zunächst einmal Danke an Alle für die lieben Worte
      Ich hätte nicht gedacht, daß meine kleine Geschichte auf so viel Interesse stößt .
      Ich habe ein paar Bilder aufgetrieben.
      Wie kann ich diese darstellen, wie ist die maximale Dateigröße?

      Liebe Grüße aus dem Saarland

      Harri
      Liebe Grüsse aus dem Saarland

      Harri

      BMW GS - Aus Tradition und Leidenschaft
    • Original von GS-Harri
      Hallo
      zunächst einmal Danke an Alle für die lieben Worte
      Ich hätte nicht gedacht, daß meine kleine Geschichte auf so viel Interesse stößt .
      Ich habe ein paar Bilder aufgetrieben.
      Wie kann ich diese darstellen, wie ist die maximale Dateigröße?

      Liebe Grüße aus dem Saarland
      Harri


      Hi Harri,
      Deine Bilder wollen wir natürlich auch sehen ;lach;.

      Für die Galerie:
      Bildgröße max: 1024x768 o.k.
      Als Anlage im Forum funktioniert Größe 600x450 (bis zu 5 Bilder)

      Horst
    • Pro Beitrag kannst du Bilder mit einer Gesamtvolumen von 200 kb anhängen max. 6 Stück pro Betrag. Eine Begrenzung der Abmaße gibt es nicht, die Bilder werden automatisch verkleinert und erst mit einem Klick auf das jeweilige Bild in voller Grösse dargestellt.

      6 x 33,3 kb
      5 x 40 kb
      4 x 50 kb
      3 x 66,6 kb
      2 x 100 kb
      1 x 200 kb

      wenn du mehr bilder hast einfach einen zweiten Betrag benutzen ;-)
    • ist eine gute Geschichte ;..(!!!
      mein alte ;Q; ist 22Jahre ich bin der zweite Besitzer ;cool; sie hat mich in 12Jahren
      nicht 1mal Imstich gelassen :)
      halten oder nicht ;rotwerd;wenn die Neue ;Q;da ist?
      mfg
      Robert ;peace;

    • Halten oder nicht!?!

      Original von Q Biker
      halten oder nicht wenn die Neue da ist?

      Hallo Q_Biker,
      wie Du bekomme ich meine ;Q; erst in den nächsten Wochen. Eigentlich ist sie schon da, aber bei dem Wetter!!!
      Nee, das will ich Ihr nicht an tun (und mir auch nicht!). :..(

      Aber meine Alte aufgeben, nein das geht auch nicht. Sie bekommt ihr Gnadenbrot und wird vermutlich als Oldtimer mit Saison-Kennzeichen zugelassen. Schließlich wird sie im April 30!!!! :)
      Übrigens, das links ist sie, von Holger Aue gezeichnet. ;lach;

      ;wink;
      Gruß ElDo
    • Super geschrieben !!!

      und ja ihr nicht treu zu bleiben und ein Gnadenbrot mit Aussicht auf ein Wiederherrichtung zu gönnen wäre ein Verbrechen.
      Zoltan immer mit Gruß
      versuchs mal mit Gemütlichkeit