Umfrage

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    • lake_constance schrieb:

      schotterali schrieb:

      lake_constance schrieb:

      ....darf ich jetzt raus - Spielen?
      Du darfst jetzt Wolken schieben gehen... ;-)
      ...ich würd's machen, wenn ich könnte - für uns alle!
      Aber bitte nicht hierher ;pfeif; :rolleyes:
      Un saludo, Hans-Jürgen


      Es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern, wie man alt wird !!


      "Alt ist nur der, dessen Geist keine Leidenschaft mehr kennt." (Konfuzius)







    • So, die Umfrage ist beendet, danke nochmals für Eure rege Teilnahme!!!


      Insgesamt haben sich 2.023 Personen an der Umfrage beteiligt, darunter
      waren 2.014 auswertbare Datensätze - das ist ein ordentlicher
      Stichprobenumfang!


      Zunächst zum Hintergrund der Studie: In Psychologie und
      Verhaltensökonomik sind der sog. Overconfidence-Bias
      (Selbstüberschätzungs-Verzerrung) und der damit verbundene
      „Better-than-Average-Effekt“ (BTA) wohlbekannte Phänomene, als
      klassisches Beispiel dient häufig die Beobachtung, dass sich eine
      Mehrheit der Autofahrer für besser als der Median-Fahrer hält oder sich
      mehr als 80% der Fahrer zu den besten 40% zählen (z.B. schon Svenson
      1981). Mich hat nun interessiert, wie das bei Motorradfahrern aussieht:
      Genauso? Oder ist die Selbstüberschätzung sogar größer? (Könnte man
      glauben, wenn man so manchem Gespräch am Moppedtreff lauscht oder bei
      manchem Forenbeitrag, und die öffentliche Meinung ist da ohnehin recht
      eindeutig), oder aber - und das war meine Ausgangshypothese - haben
      Motorradfahrer aufgrund des erhöhten Risikos und der stärkeren
      Auseinandersetzung mit Themen der Fahrphysik und Fahrsicherheit im
      Gegenteil vielleicht eine realistischere Selbsteinschätzung?


      Zu meinem Erstaunen konnte ich keine expliziten Studien zu
      overconfidence bei Motorradfahrern finden. Die einzigen mir bekannten
      Studien zur Selbsteinschätzung von Motorradfahrern sind vom IfZ:
      Kuschefski et al 2006 sowie Haasper et al. (2020). In Kuschefski et al.
      (2006) wurde allerdings nur gefragt, ob sich die Befragten für einen
      durchschnittlich sicheren Fahrer halten, dies bejahten 57% . In Haasper
      et al. (2020) wurde gefragt, ob sich die Fahrer für sicher,
      durchschnittlich oder unsicher halten. Im Ergebnis hielten sich 70,6
      Prozent der befragten Motorradfahrer für einen eher sicheren Fahrer.
      Etwas über ein Viertel (27,4 %) stuften sich selbst im Mittelfeld ein
      und die restlichen 2,0 Prozent schätzten sich als eher unsicher ein.
      Eine (vor allem auch vergleichende) Beurteilung der Selbstüberschätzung
      von Motorradfahrern ist anhand dieser Zahlen kaum möglich, weshalb ich
      Eure Selbsteinschätzung des Fahrkönnens differenzierter abgefragt habe.
      Zum einen auf einer fünf-stufigen Skala ("deutlich unterdurchschnittlich", "eher unterdurchschnittlich", "durchschnittlich", "eher überdurchschnittlich" und "deutlich überdurchschnittlich"; analog zu Richter et al. (2011)), zum anderen durch eine Selbsteinordnung in Perzentile (analog zu Svenson 1981).


      Das hier ja von einigen gespannt erwartete Ergebnis fällt (nicht überraschend) differenziert aus.


      Das Kernergebnis zusammengefasst: Bezogen auf den Median bzw. das
      60-40 Perzentil, entspricht die Selbstüberschätzung der Motorradfahrer
      in etwa derjenigen der Autofahrer, ab dem 70-30 Perzentil gibt es aber -
      anders als bei den Autofahrern - anscheinend keine Selbstüberschätzung
      mehr, in den oberen beiden Dezilen sogar eine Unterschätzung:


      In der schwedischen Stichprobe bei Svenson schätzten sich 68,7 % der
      Autofahrer als besser ein als der Median-Fahrer, in der US-Stichprobe
      waren dies sogar 92,7%, in der vorliegenden Umfrage waren es 74,1% der
      Motorradfahrer. In Schweden zählten sich noch 51% der Autofahrer zu den
      besten 40%, in der US-Stichprobe waren dies sogar 80,5%, von den
      Motorradfahrern 49,3%. Zu den besten 30% zählten sich in Schweden noch
      39,9% und in den USA sogar 58,5% der Autofahrer, aber nur 25,0% der
      Motorradfahrer. Und während sich in den USA noch fast 20% der Autofahrer
      zu den besten 10% zählen, sind dies nur 1,3% der Motorradfahrer.


      Hier als tabellarische Übersicht:






      Weitere Ergebnisse, die sich bereits deutlich abzeichnen:


      Gegenüber den Männern schätzen Frauen ihr eigenes Fahrkönnen im Schnitt
      um 6 Perzentile geringer ein - wenig überraschend und im Einklang mit
      früheren Studien.


      Die Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining reduziert die
      Selbstüberschätzung dagegen wohl nicht, vielmehr schätzen Teilnehmer
      eines solchen Trainings sowohl ihr Fahrkönnen als auch ihre
      Risikobereitschaft signifikant höher ein als Motorradfahrer, die noch
      kein Training absolviert haben (ein interessanter Effekt, der auch schon
      von Haasper et al. 2020 beschrieben wurde). Es wäre also künftig
      interessant zu untersuchen, ob diese gefühlte Steigerung des Fahrkönnens
      auch der durch das Training tatsächlich erreichten Steigerung
      entspricht, oder ob hier ggf. ein kontraproduktiver Effekt eintritt und
      Selbstüberschätzung und Risikobereitschaft durch die Teilnahme an einem
      Fahrsicherheitstraining womöglich befördert werden.


      Im Vergleich am schlechtesten bewerten Fahrer und Fahrerinnen von
      Choppern und Cruisern ihr Fahrkönnen, am besten empfinden dies dagegen
      Reiseendurofahrer, gefolgt von der Gruppe der Sportler und
      Supersportler.


      Bei der Verallgemeinerung/Interpretation dieser Ergebnisse ist natürlich
      Vorsicht geboten, da für die vorliegende Stichprobe nach strengen
      wissenschaftlichen Kriterien Repräsentativität nicht gewährleistet
      werden kann. Trotzdem kann man aus den Ergebnissen durchaus ein paar
      Tendenzen erkennen. Welche Verzerrungen identifizierbar sind und was
      daraus für die Interpretationen folgt, wird in der Endauswertung
      ausführlich diskutiert werden.


      Es folgt nun noch die eigentliche Arbeit: detaillierte Auswertungen,
      Überprüfung auf Korrelationen, Signifikanztests, etc. Das wird aber
      etwas Zeit beanspruchen (ich mache das ja aufgrund des eigenen
      Interesses am Thema gewissermaßen "nebenbei"). Ich halte Euch auf dem
      Laufenden!
      Gruß, Achim
      blog.kradventure.de
    • Interessant. Mich würde noch interessieren, wie sich die Selbsteinschätzung über den jährlich gefahrenen Kilometern abbildet, alternativ über die Gesamtkilometerzahl.

      Es ist ja schon auch ein Unterschied ob jemand meint, er kann's, der nach einer halben Million Kilometer die Abläufe aus dem Kleinhirn abruft - oder einer, der nach insgesamt 5000 km in 10 Jahren beim aufsteigen laut sagt "Gas ist rechts",
      meint der
      Klaus
      ...das Leben ist zu kurz für schlechte Routen...
    • Klaus_GP schrieb:

      Interessant. Mich würde noch interessieren, wie sich die Selbsteinschätzung über den jährlich gefahrenen Kilometern abbildet, alternativ über die Gesamtkilometerzahl.

      Es ist ja schon auch ein Unterschied ob jemand meint, er kann's, der nach einer halben Million Kilometer die Abläufe aus dem Kleinhirn abruft - oder einer, der nach insgesamt 5000 km in 10 Jahren beim aufsteigen laut sagt "Gas ist rechts",
      meint der
      Klaus
      Gerade schon mal durchgerechnet: Kaum nennenswerte Korrelationen zwischen Lebensalter (r=0,14), Fahrerfahrung in Jahren (r=0,28), Kilometergesamtfahrleistung bzw. jährlicher Fahrleistung (r=0,25 bzw. 0,1) und der Selbsteinschätzung in Perzentile. Interessant ist allenfalls, dass alle Korrelationen positiv sind. Etwas stärker fallen die Spearman-Korrelationen zur Einschätzung des Fahrkönnens auf der Skala von deutlich unter- bis deutlich überdurchschnittlich aus: r=0,37 bei Fahrerfahrung in Jahren und r=0,45 bei Gesamtkilometerleistung und r=0,31 bei Jahresfahrleistung (p-Werte jeweils nahe Null). Die entsprechenden Spearman-Korrelationen zur Risikoeinschätzung fallen dagegen alle geringer aus, am größten zur Gesamtkilometerleistung mit r=0,25. (Zur Info: Die gängige Grenze zwischen "geringer" und "mittelstarker" Korrelation liegt bei r=0,3, ab 0,8 spricht man von starker Korrelation).
      Gruß, Achim
      blog.kradventure.de
    • kradventure schrieb:

      Trotzdem kann man aus den Ergebnissen durchaus ein paar
      Tendenzen erkennen. Welche Verzerrungen identifizierbar sind und was
      daraus für die Interpretationen folgt, wird in der Endauswertung
      ausführlich diskutiert werden.
      am Ende kommt es doch immer wieder aufs Gleiche heraus... der deutsche Autofahrer ;--)
      LG aus dem Land der Eierberge °v° wünscht Rewert

      der die letzte wahre GS fährt! Danach wurd' nur noch mit Wasser gebaut...
    • o.k., bin jetzt mehr der Augenmensch, eine Kurvenschar der Verteilungen über die Merkmale hätte ich vermutlich schneller kapiert.

      Wenn die Verteilung über z.B. die Erfahrungsparameter annähernd gleich ist und dies in Summe eine Selbstüberschätzung belegt, dann stellt sich die Frage
      * Was wäre denn die richtige Verteilung beim Fahrkönnen? Ist das eine Normalverteilung oder ist die bereits gestört, da viele nicht mehr mitmachen (können) weil sie sich mal drastisch überschätzt haben?

      Und damit
      * Welche Gruppe irrt sich mehr / bei welcher Gruppe passt es?

      Das müsste sich eigentlich als Korrelation der "Ausfälle" pro Gruppe mit der Kilometersumme (z.B. der letzten 3 Jahre) dieser Gruppe ergeben.
      Dazu müsste man die hier erhobenen Daten mit Unfallstatistiken abgleichen....

      Klaus
      ...das Leben ist zu kurz für schlechte Routen...
    • Klaus_GP schrieb:


      * Was wäre denn die richtige Verteilung beim Fahrkönnen? Ist das eine Normalverteilung
      Das ist bei dem hier gewählten Ansatz gar nicht die Frage. Es geht nicht um das tatsächliche Fahrkönnen (schwer zu sagen, ob das normalverteilt ist), sondern nur um die Selbsteinschätzung. Würden sich alle gemäß ihrer wahren Fähigkeit einschätzen, müsste sich in jedem Dezil genau 10% einordnen. Wenn sich 74% zu den besten 50% zählen, ist das eine Überschätzung, wenn sich nur 1,3% zu den besten 10% zählen, aber in diesem Dezil eine Unterschätzung.
      Gruß, Achim
      blog.kradventure.de
    • So, habe fertig. Die Ergebnisse sind veröffentlicht unter:


      Lerch, Achim (2021): Alles kleine Rossis? Zur Selbstüberschätzungsverzerrung bei Motorradfahrern. In: WiWi-Online.de, Online-Wörterbuch der Wirtschaftswissenschaften, Hamburg, 2021. Im Internet unter www.wiwi-online.de/fachartikel.php?artikel=760


      Hier gibt es den Direktzugriff auf das Pdf
      Gruß, Achim
      blog.kradventure.de